Die chilenische Truppe Compañia de Paso zeigt am lV. internationalen Festival del Circulo ihr Stück "Un Horizonte Cuadrado"
WordPress 10. Mai 2010
In dieser Geschichte ist die Welt nicht so, wie wir sie kennen. Sie ist ein imaginierter Ort, der der Fantasie entsprungen sein könnte, ein Ort in der Luft, die keinen Boden kennt. Für uns Erdlinge ist das schwer vorstellbar. Der Ort gleicht dem "Land der letzten Dinge" (s. Paul Auster), denn hier entsteht eine Atmosphäre aus der Leere und der Gegenwärtigkeit. Un Horizonte Cuadrado verweist auf futuristisches Imaginieren in einer Zeit, in der, wegen planetarer Veränderungen, nur noch dies luftige Universum übrig bleibt, von Menschen auf Trapezen bewohnt.
Die Bedingungen auf diesem Planeten sind ganz andere, es ist eine Welt ohne Boden, ohne Städte, ohne Mauern. Ein Leben, das keine Wände kennt und nur von sechs Menschen bewohnt wird, die gelernt haben, zu fliegen.
In dieser Welt sind die Trapeze das wirkliche Daheim eines Jeden. Dort atmen sie, dort existieren sie. "Wir brauchen keine Flügel um einen Traum zu verwirklichen" singt Silvio Rodriguez in Nicaragua als er " mochiliando" (mit dem Rucksack) durch die Welt streift. Und angesichts dieser wunderbaren Zirkusarbeit wird uns bewusst, dass wir nur ein Trapez und ein Artistenherz brauchen, Luft und Magie und schon gelingt es, in andere Dimensionen zu gelangen, dorthin wo wir mutig sind und uns die Angst nicht mehr knebelt.
Hier findet man Aufrichtigkeit und neue Weggefährten, welche zu Geschwistern werden, die vor dem Sturz ins Leere bewahren, sie werden zu Engeln an unserer Seite, die uns davor schützen, ins Dunkle abzustürzen. Es ist eine Geschichte, die lehrt, uns selbst und diesen Engeln zu vertrauen. Es ist eine Welt, in der man fliegen lernt und erfährt, dass Zeit nicht existiert, in der wir uns wie Kinder erfahren, voller Freude und ansteckendem Glück,frei, gelassen und ohne Furcht.
Dieses luftige, imaginierte, zircensische Universum hilft uns, aus all den mental vorprogrammierten Mauern (wie Angst, Unsicherheit und Scham) auszubrechen. Ein luftig leichtes Land zwischen Seilen und Nichts; zwischen Träumen und Furcht, die die Bewohner lehrt, dass nur Achtsamkeit für den Anderen hilft, den Hass und die Traurigkeit aus dieser, ihrer Welt zu bannen.
Un Horizonte Cuadrado ist auch die Geschichte von sechs Menschenwesen, die in der Luft an Trapezen hängend, die letze der Naturkatastrophen überlebt haben. Mit der Katastrophe sind auch alle Systeme, Zwänge und materielle Versuchungen verschwunden und sie lehrt uns, dass das Eigentliche in uns selbst zu finden ist.
Abgeschnitten von allem und auf sich gestellt versuchen die "Trapecistas" ihre Möglichkeiten zu erweitern. Luft, zu atmen und ein Trapez, um Halt zu finden, reicht ihnen. Ein Überlebender zu sein, das ist das Abenteuer ihres Lebens. Auf der Suche nach Vervollkommnung werden sie gewahr, dass alles miteinander verbunden ist, daß der Fortschritt eines jeden der Fortschritt aller bedeutet.
Das Stück spielt in einer Zeit, in der sich niemand abseilen kann, denn alle zusammen bestimmen das Wie-weiter, die wirkliche Evolution.
Die Artisten erzählen diese Geschichte, die unsere heutige Wirklichkeit und unsere eigenen Verwicklungen und Verstrickungen in persönlichen Verbindungen reflektiert. Indem sie in sich hineinhören, indem sie sich auf magische Weise mit dem Trapez verbinden, in dem sie einem unsichtbaren, aber totalem gegenseitigem Einverständnis vertrauen und gelernt haben, aufeinander zu hören und sich zu erahnen, in jedem Augenblick gegenwärtig zu sein, entschlossen sich an Seilen, Armen oder Beinen seiner Genossen festzuhalten, schaffen sie eine Welt des Respekts, der Achtung und Harmonie. Sie lehren uns durch ihre sublimen Bilder voller Poesie, Kraft und Explosivität, dass es, um eine Welt zu schaffen, nicht mehr braucht, als sich zu überantworten und zu vertrauen.
Lima 10. Mai 2010 von blogfueradeltiempo